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© 2023 Detlef Schmegel

Stromerzeugung



Balkonkraftwerk und Wechselrichter
- eine belanglose technische Plauderei



"Da stelle 'mer uns jaanz dumm un saage so:
Ein Gleichrichter macht aus Wechselstrom Gleichstrom und
Ein Wechselrichter (WR) macht aus  Gleichstrom Wechselstrom.
Das Solarpanel erzeugt Gleichspannung, also brauchen wir ein
Gerät, was diesen in Wechselspannung umwandelt, weil unser
Stromnetz bekanntlich mit Wechselspannung arbeitet.

Wat denn nu? Erst Strom, dann Spannung?
Es kommt d'rauf an.
Die Spannung ist zuerst da und erzeugt einen Strom, der zum
Verbraucher fließt. Oder anders:
Wenn ein Verbraucher (Widerstand  R) angeschlossen ist, treibt die Spannung (U)
einen Strom (I) durch den Verbraucher und erzeugt (grob gesagt) eine Leistung
P = U x I
Beim Wechselrichter ist der Verbraucher das Stromnetz, denn da hängen genug


Geräte dran, die nach Strom lechzen. 

So einfach ist es. Der "Wielandstecker" ist etwas für
Sicherheitsfanatiker. Man kann auch einen normalen
Schukostecker anschließen. Die Hersteller der Wechselrichter garantieren,
daß erst eine 230V- Spannung erzeugt wird, wenn an den beiden blanken Stiften
des Steckers Netzspannung anliegt. Dazu muß er an eine beliebigen Steckdose
in der Nähe gesteckt werden. Falls man diese Sicherheit anzweifelt,
muß man ja nicht unbedingt an die blanken Stifte fassen.
Wichtig!!  Bei 600W fließen nur 2,6A, was bei einem Stromkreis, der
in der Regel mit 16A abgesichert ist, recht harmlos daherkommt.

Immer öfter kommt die Frage, wie man sich die Arbeit des Wechselrichters (WR)
als Herzstück der Energieerzeugung im eigenen Haus vorstellen kann.

Woher weiß die Waschmaschine,
daß sie den Strom des WR bevorzugt verwenden soll?
Um es vorweg zu nehmen: Sie weiß es nicht.
Es ist ihr auch wurscht.

Wie nähern wir uns dem Problem?
Es fängt schon mit dem Verständnis für die Stromerzeugung zusammen.
Wenn man begreifen will, wie ein Wechselrichter, der ins private und über den
Zählerschrank ins öffentliche Netz einspeist, arbeitet,
hilft ein Vergleich mit einem normalen Kraftwerksgenerator.
Obwohl die WR der Balkonkraftwerke in der Regel nur eine Phase versorgen,
ist es besser, sich diese, wie bei den "großen" WR im kW- Bereich, dreiphasig
vorzustellen. Das macht den Vergleich mit dem Kraftwerksgenerator leichter.

Ich habe bisher nirgends eine Erklärung für "Halbdoofe" gefunden und
versuche es deshalb selbst einmal. Kritik sehr willkommen!

Bei den Begriffen "Generator" und "Stromnetz" fällt mir sofort der
Kabarettist  Wolfgang Trepper ein. Er beginnt seine Veranstaltungen oft mit dem Satz:
"Schalten Sie doch mal bitte das Saallicht an, damit ich sehe, gegen wen ich hier arbeite".

Wir haben auch hier zwei Akteure, die gegeneinander kämpfen.
Auf der einen Seite steht der Generator und auf der anderen Seite das öffentliche Stromnetz, das versorgt werden soll.
Ein AEG- Generator der 1922 im KW Zschornewitz  in Betrieb ging und bis zum Ende der DDR, 70 Jahre lang  arbeitete, hatte folgende (bescheidene) Daten:
ca. 3000V bei 1800A.
Wer jetzt multipliziert wird feststellen, daß man nicht auf 15MW kommt.
Es fehlen noch, wegen der drei Phasen bei Drehstrom
der Faktor "3"und die Phasenverschiebung "cos phi".
Das nur am Rande. für unsere Betrachtung ist es uninteressant.

Als Edison mit Wechselstrom experimentierte, stellte er fest, daß sich nichts,
so schön wie beim Gleichstrom berechnen ließ und man muß zugeben, daß es
wirklich nicht einfach ist, sich beispielsweise eine Phasenverschiebung vorzustellen.
Edison machte mit Gleichstrom weiter, was ein Riesenfehler war.
 
 
Heute erzeugen die Generatoren Spannungen in der Größenordnung
von 10 bis 20kV und Leistungen von bis zu einigen Gigawatt,
das hundertfache des alten Z'witzer AEG- Generators.

Der Generator speist keine Stadt, sondern das Europäische Verbundnetz,
das von Portugal bis zur Türkei reicht.


Es ist schwer vorstellbar, aber alle Synchron-Generatoren laufen, wie durch
eine unsichtbare Welle verbunden annähernd mit der gleichen Drehzahl.
(oder ganzzahligen Vielfachen oder Teilen) 
Angestrebt werden 50Hz. Um den Wert zu erreichen
stehen in ausgewählten Kraftwerken Regelleistungen
von +/-  3 Gigawatt  bereit.
Im Bild links sieht man, daß etwas "dazugebuttert" werden muß.
Ist die Frequenz zu hoch werden Verbraucher zugeschalten
und/oder Kraftwerksleistung runtergefahren.
Jetzt kann man sich vorstellen, daß das Zuschalten eines großen Generators
das Riesennetz kaum kratzt. Vielleicht geht die Frequenz um 0,001 Hz hoch.
Da die Frequenz aber ständig in Bewegung ist, läßt sich das nicht zuordnen.
Auf folgender Seite sieht man "den Herzschlag" des Netzes:
 https://www.netzfrequenzmessung.de/
        Noch eine Tatsache ist wichtig. Ein Generator kämpft nicht nur gegen ein
"vereintes" Netz, bestehend aus tausenden Stromerzeugern.
 
Auch die höhere Spannungsebene "des Gegners" spielt eine Rolle.
Die 10kV des Generatoren wollen über den Trafo ein 220kV Netz beeindrucken? - lächerlich.

Zur Erinnerung, wir haben immer noch unseren Wechselrichter "im Hinterkopf".
Ob ein- oder dreiphasig spielt bei der Betrachtung keine Rolle.

Ich habe vorhin geschrieben, daß der Generator zugeschalten wird.
Sooooo einfach ist das nicht.
Das Netz läßt sich durch den Generator kaum beeindrucken, wenn dieser
aber beim "zuschalten" nicht genau synchron ist, gibt es einen mehr oder weniger starken Kurzschluß und ein elektrisches Feuerwerk der Extraklasse, was ein Leistungsschalter verhindern möge.
Er leidet allerdings stark an seinen guten Taten.
Oft kann man solche Not-Abschaltungen nicht machen.

Das öffentliche Netz kratzt das allerdings nicht, außer man legt ein ganzes Kraftwerk
lahm. Für die Kraftwerker gibt es dann die griffige Formulierung: "Das Kraftwerk ist schwarz".
Das kann zu einer unzulässigen Abweichung von der Normfrequenz 50Hz kommen,
die möglichst schnell kompensiert werden muß.
Bei weniger als 49,8 und mehr als 50,2 Hz bimmeln die Alarmblocken.
Beim Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E gibt es dafür Notfallpläne.

Zurück zu unserem heimischen "Spielzeugkraftwerk"
Unser Wechselrichter macht das Synchronisierten heute automatisch und vorsichtig.
Durch ein eingeschleiftes Amperemeter kann man es beobachten.
Es dauert ein paar Minuten bis er und das Netz sich verbrüdert haben
und die erzeugte Leistung langsam steigt.
Bei vollem Sonnenschein liefert der WR bei mir 610 Watt. Ihm ist es auch völlig egal,
ob eigene Verbraucher seinen Strom abnehmen oder er ihn ins öffentliche
Netz speist. Er speist immer, alles was er kann ein. Nur wenn sich eine Wolke
vor die Sonne schiebt, wird es weniger.
Ein- oder Ausschalten von Verbrauchern haben keinen
Einfluß auf die Stromproduktion.
Was nicht selbst verbraucht wird, drückt ins Netz.
Man kann daraus Schlußfolgern, daß der Innenwiderstand des Wechselrichters sehr
klein ist. Dadurch könnte er richtig große Ströme erzeugen, was durch eine elektronische Regelung verhindert wird. Bei 2,6A ist Schluß.

Zurück zur Kraftwerksnostalgie:
In folgendem Video fährt der Bediener einer neuzeitlichen Anlage von Hand
die Generatordrehzahl in einen günstigen Bereich und schaltet dann auf
"Automatik". Stimmt alles, wird der Leistungsschalter automatisch  eingeschalten
und der Generator hängt am Netz.

https://youtu.be/FI_07YVS3tY?t=32

Wenn der Generator synchron läuft, erzeugt er noch keinen Strom. Das passiert erst, wenn er versucht, die Drehzahl zu erhöhen. Dieser Vorgang ist dann wieder eine separate Geschichte, die ich hier nicht auswalzen will. 
Beim Balkonkraftwerk ist der Wechselrichter so ausgelegt, daß bei der Stromerzeugung
600W nicht merklich überschritten werden.  Er weiß dann schon was er tut.
Egal, mit wieviel Solarpanelen man einspeist. Selbst wenn 2kW an Solarleistung angeschlossen sind, gehen nur maximal etwa 600W ans Netz.  
Eine Solarüberdimensionierung hat jedoch Vorteile. Auch wenn die Sonne nicht scheint, wird trotzdem recht viel erzeugt.
Nimmt man selbst wenig ab, spendet man bei voller Sonne einen Großteil der Leistung
der Öffentlichkeit. Man kann seine "Spende" in kWh am Zweirichtungszähler, den man
zwangsläufig eingebaut bekommt, jeder Zeit ablesen. Im Juni waren es bei mir etwa 20% der erzeugten Arbeit.
Auch in den Kraftwerken flackern jetzt keine Glühlampen mehr, wenn Generatoren ans Netz gehen.
Leider habe ich bei YoiuTube kein schönes Video gefunden,
das zeigt, welch kniffliger Vorgang das damals war,
einen Genarator "zuzuschalten".

Einzige Ausnahme:
Hier freut sich jemand, wie ein kleines Kind als es ihm gelungen ist,
 
nach ewigen Minuten den Generator einer 400kW
Wasserturbine ans Netz zu bringen.
Ich habe großzügig "vorgespult".
https://youtu.be/xGQxSJmadm0?t=405


Links sieht man eine von unzähligen Versionen
eines Synchronoskops.


Alle drei Werte müssen möglichst genau übereinstimmenm.
Die Frequenz
Die Spannung
Die Phasenlage.
Letztere konnte man früher mit "Phasenlampen"
in Hell- oder Dunkelschaltung prüfen.
In dem obigen Video sind die Lampen (Dunkelschaltung) auch noch vorhanden.

Man sieht an dem Aufwand, der nötig ist, sich mit dem Netz zu synchronisieren,
daß es kaum möglich sein wird, aus dem Netzwechselrichter mit Tricks und Kniffen  
einen Inselwechselrichter zu machen, der unabhängig vom Stromnetz
geregelte 230V AC, 50Hz erzeugt.
Der Balkon-Wechselrichter möchte ein Netz sehen.
Ein richtiges Netz mit kleinen Impedanzen.
Er guckt es sich vorsichtig, aber sehr genau an.

Will man einen solchen Wechselrichter im Inselbetrieb betreiben müsste man
viel Technik einbauen, die Netzspannung und -frequenz regelt und Überlastungen
verhindert.
Bei den niedrigen Preisen für "Inselwechselrichter" ist die Überlegung, so etwas zu basteln völlig blödsinnig.

Wenn ich mir mein Geschriebenes noch einmal durchlese stelle ich fest, daß es wohl
nur von ausgebildeten "Elektrikern" oder Leuten mit viel Fantasie verstanden werden kann.

Egal, es sind einige beobachtete Tatsachen erwähnt, die vielleicht helfen,
ein paar Fragen zu beantworten.